De Kräizer Simchen

Der Hausierer mit den knorrigen Wurzelkruzifixen

Handwerkliche Kleinkunst aus Befort

Seit dem Ende des 2. Weltkrieges hat sich das Leben der Menschen in unseren Dörfern, sozial und wirtschaftlich grundlegend verändert.

Die kleinen vormodernen Berufe wie Messer- und Scherenschleifer, Kesselflicker und das Gewerbe der Hausierer, die die Wohnorte ihrer Kundschaft zu Fuss oder mit einem Hundegespann erwanderten, sind nach und nach aus dem Leben der Dorfbewohner verschwunden und existieren bestenfalls nur noch in den Erzählungen der Älteren.

Eine der markantesten Persönlichkeiten dieser Wanderzünfte auf Luxemburgs Landstrassen war Néckel Simon, der wegen seiner knorrigen Kreuze auch heute noch der Landbevölkerung unter dem Namen „Simchen“ ein Begriff ist.

Die Winterzeit verbrachte Néckel Simon, wie alle sogenannten „ortsfesten“ Hausierer zuhause in Befort um seine Verkaufstouren zu organisieren und vorzubereiten. Seine Frau Catherine und 10 Kinder hatte Néckel Simon mit seinem Gewerbe zu ernähren. Bis zum Frühling musste deshalb die ganze Familie fleissig mit anpacken. Aus Haselstöcken wurden Sessel und Kinderstühle gezimmert und die bei den Bauern so beliebten Kartoffelkörbe, „Kitz“ genannt, geflochten. Derweil konnte Vater Néckel sich ganz der Herstellung seiner bekannten Wurzelkreuze und dem Schnitzen der expressiven Christuskorpusse widmen.

Aber erst einmal musste er sich das Rohmaterial für seine Kruzifixe besorgen. Das suchte er sich in den Haselnusshecken und den wilden Rosenhecken entlang des Beforter Waldes zusammen. Korbweise schleppte er Wurzelknollen, knorrige Äste und „Blëssen“ (vernarbte Astschnittstellen) in seine Werkstatt. Mit handwerklichem Geschick und nicht zu leugnendem naiv/künstlerischen Talent nagelte und leimte er Wurzelteile und Äste zu effektvollen rustikalen Kreuzen für seine nächste Hausiertour zusammen ...

(De Kräizer Simche. In LW vom 8. Juli 2010. Rubrik Warte N° 22/2300. Pg. 7. Ill.)